Wie arbeitet eine Intervisionsgruppe?
-
Die Gruppe sitzt im Kreis, so dass jeder jeden sehen kann.
-
Es wird zu Beginn eine Person bestimmt, die den Auftrag hat, die Zeit zu
verwalten und vor allem durch klare, freundliche Führung das strukturierte
Vorgehen der Gruppe bewahrt.
-
Das erste Paar wird bestimmt.
-
Dieses Paar vereinbart, wer mit dem spontanen Bericht über die vergangenen
Zwiegespräche beginnt.
-
Der oder die Erste beginnt nun und hat für den Bericht 5 Minuten Zeit zur
Verfügung - was eine sehr lange Zeit bedeutet. Thema ist der Verlauf der
Zwiegespräche, das Auf und Ab sowie alles, was im Zusammenhang mit der Methode
dieser wesentlichen Dialoge auftritt. Beispielsweise berichtet ein Paar, dass
es von den Zwiegesprächen begeistert ist, diese Dialoge jedoch nur
unregelmäßig stattfinden. Thema sind nicht die persönlichen Eheprobleme dieses
Paares. Dies ist ein ganz entscheidender Punkt, da die Versuchung sehr groß
ist, aus einer Intervisionsgruppe unversehens eine Selbsterfahrungsgruppe zu
machen. Natürlich überlappen sich die seelischen Probleme einer Partnerschaft
mit dem Verfahren der Zwiegespräche - beispielsweise in Gestalt aggressiver
Ausbrüche -, doch sollte strikt darauf geachtet werden, dass im Mittelpunkt
die Art und Weise und der Ablauf der Zwiegespräche stehen.
-
Nach 5 Minuten bemerkt der Zeitverwalter bzw. Moderator etwa mit einem
Satz "Die Zeit ist nun um", dass der zweite Partner an der Reihe ist.
-
Dem nächsten Partner stehen wieder 5 Minuten zur Verfügung, so dass jedes
Paar 10 Minuten für den Bericht hat.
-
Nun wechselt das Geschehen vom Bericht zum Feedback. Das Feedback ist eine
Rückmeldung der anderen Gruppenmitglieder auf den Bericht. Diese Bemerkungen
sollten möglichst gefühlsnah und aus dem Erleben der eigenen Zwiegespräche
erfolgen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass man den Schwerpunkt nicht
unversehens auf die eigene Situation verschiebt. Ein Feedback soll einen
Aspekt des ursprünglichen Berichtes widerspiegeln. Die Rückmeldung dient also
erstens dem berichtenden Paar und zweitens der Erfahrung aller beteiligter
Personen. Nach Möglichkeit sollten Bewertungen vermieden werden, was jedoch in
der Praxis selten vollständig möglich ist.
-
Der Moderator/die Moderatorin lässt etwa mit dem Satz "Jetzt beginnt das
Feedback" die Reihe der Rückmeldungen beginnen. Der Einfachheit halber ist es
am günstigsten, gleich mit einer der nächstsitzenden Personen zu starten,
beispielsweise im Uhrzeigersinn.
-
Ein einzelnes Feedback sollte maximal ungefähr 2 Minuten betragen, weil
sonst die Gleichbehandlung, das heißt die Gerechtigkeit, für die Paare aus den
Fugen gerät. Denn bei den üblichen 6 Paaren pro Gruppe stehen 5 Paare, d.h. 10
Personen, für das Feedback zur Verfügung. Wenn jeder 2 Minuten spricht, sind
20 Minuten Zeit für das Feedback verstrichen. Zusammen mit dem 10minütigen
Bericht macht das eine halbe Stunde pro Paar.
-
Zehn Rückmeldungen auf den eigenen Bericht vertiefen und erweitern das
Verstehen dessen, was in den Zwiegesprächen geschehen ist. Sie intensivieren
auf kaum zu überschätzende Weise durch lebendiges Lernen den
Entwicklungsprozess, den jedes Paar in den Zwiegesprächen durchläuft, und
stärken die Bindung an diese Zwiegespräche und ihre Struktur. Dabei lernt jede
Person - ob es sich um den eigenen Bericht handelt oder den der anderen; ob es
die Formulierung des eigenen Feedbacks ist oder das Hören der anderen
Rückmeldungen -, ununterbrochen über die gesamte vereinbarte Zeit und erhöht
damit ihre Chance zur Selbstentwicklungsfähigkeit. Das Erleben und
Mitvollziehen der Vorgänge, die in dieser Intervisionsgruppe zur Sprache
kommen, ist immer ein tiefgreifender Lernprozess, den man sich insbesondere
dann gönnen sollte, wenn man seine Chancen optimal ausschöpfen möchte oder vom
Abbrechen bedroht ist.
-
Nach der ersten halben Stunde des ersten Paares strukturiert der
Moderator/die Moderatorin wieder den Ablauf der Intervisionssitzung, etwa mit
den Worten "Nun folgt das nächste Paar". Das kann irgend ein zweites Paar aus
der Gruppe sein. Die erwähnte andere Möglichkeit besteht darin, die
Reihenfolge im Uhrzeigersinn nach dem ersten Paar fortzusetzen.
-
Wenn 3 Paare ihre je halbe Stunde hinter sich haben, sind 11/2 Stunden
vergangen. Jetzt muss die Intervisionsgruppe wenigstens 1/4 Stunde Pause
machen (es kann natürlich auch eine größere Unterbrechung beispielsweise für
ein Mittagessen sein).
-
Eine Ausnahme von dieser bedeutenden 90-Minuten-Regelung kann für
Intervisionsgruppen mit 4 Paaren gemacht werden. Sie hätten mit 4 Paaren
insgesamt eine 2stündige Sitzung.
-
Besteht die Intervisionsgruppe aus mehr als 4 Paaren, regelt der
Moderator/die Moderatorin mit freundlicher Bestimmtheit die Pausenzeit.
-
Es folgen dann bei einer üblichen Gruppe von 6 Paaren die nächsten 3
Paare.
-
Zum Abschluss der Intervisionsgruppe sollte der nächste Termin und der
nächste Ort noch einmal für alle Paare genannt werden.
Dies ist also das Vorgehen der Gruppe im Detail.
-
Jedes Paar sollte eine Fotokopie des vorgedruckten Blattes haben, auf dem
alle anderen Paare mit Adresse und Telefonnummer vermerkt sind. Nur so ist
eine schnelle Kommunikation untereinander möglich. Es empfiehlt sich im
übrigen, sich einen phantasievollen Namen als Gruppe zu geben, um die
einzelnen Gruppen voneinander gut unterscheiden zu können.
-
Sollte ein Paar ausscheiden wollen, gehört es zur Solidarität in der
Gruppe, den anderen Bescheid zu geben. Leichzeitig sollte das Paar beim
überregionalen Organisationsbüro per Fax (069-461801)
bzw. E-Mail (fatia@dyalog.de) Bescheid geben. So ist die Möglichkeit eröffnet,
ein neues Paar, das während des Jahres zwischen den Seminartagen teilnehmen möchte, zu vermitteln. Alle Wünsche und
besonderen Fragen können ebenfalls an das Organisationsbüro gerichtet werden.
-
Die drei zentralen Störungsmomente bei der Intervisionsgruppenarbeit
lauten:
-
Die Zeitstruktur wird mangels stabiler Führung nicht eingehalten
-
Statt die Zwiegespräche - also das Verfahren - zu erörtern, gleitet der
Erfahrungsaustausch in eine Bearbeitung der Eheproblematik hinüber. Das kann
und soll diese
Gruppe nicht leisten.
-
Beim Feedback wird unversehens die eigene Situation in den Mittelpunkt
gestellt
statt eine Rückmeldung auf den gehörten Bericht zu bieten.
Unsere Erfahrungen gehen dahin, dass ein Zwiegesprächspaar wenigstens 2 Jahre an
einer Intervisionsgruppe teilnehmen sollte, um in seinem Entwicklungsprozess
soweit zu kommen, dass der innere Widerstand die Selbstentwicklung zu zweit
nicht allzu sehr behindert oder gar unterbricht. Seit Einführung der
Intervisionsgruppen sanken beispielsweise in einem Zwiegesprächs-Netz die
Abbrecherquoten von ursprünglich 50% (ohne Intervisionsgruppen) auf 10% (nach
Einführung der Intervisionsgruppen). Intervisionsgruppen stützen neben der
Erweiterung der Erfahrung und der Kenntnisse vor allem den
Selbstentwicklungsprozess durch die erlebte Solidarität und Gemeinschaft mit
anderen Paaren, und durch die geheime Entlastung von Schuldgefühlen, dass man
mit Zwiegesprächen sich selbst privilegiert. Diese Schuldgefühle, sich durch
eigene Arbeit etwas Gutes zukommen zu lassen, sind die stärkste Gegenkraft gegen
die kontinuierliche "Selbstinvestition" in die Zwiegespräche.
Im übrigen: Wer einmal abgebrochen hat, sollte sich nicht entmutigen lassen.
Jedes Paar kann zu jeder Zeit wieder neu starten.
Célia Maria Fatia, M.A.
|